Artikel aus der Zeitschrift PROTECTOR Ausgabe 9/2024

Autor: Peter Schmitz, CEO Schmitz GmbH

Yes we scan!

Als aufmerksamer Leser dieser Fachzeitschrift weiß man spätestens mit den Ausgaben 11 der Jahre 2019 und 2020, dass es sich bei Fahrzeugkennzeichen um personenbezogene Daten handelt, die der Datenschutzgrundverordnung unterliegen.

Der Bundesgerichtshof hat hierzu in einem Urteil eindeutig Stellung bezogen*). Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern ist in Deutschland die Sachlage durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch weiter verschärft worden*). Selbst ein kurzfristigstes Speichern der Kennzeichendaten greift danach in die informationelle Selbstbestimmung der Bürger ein. Beschäftigt man sich tiefer mit dem juristischen Hintergrund stellt man fest, dass sogar das Erfassen von Bildern eines Kennzeichens diesen Tatbestand erfüllt, da Bestimmbarkeit und Verarbeitung vorliegen.

Entscheidend ist, ob diese Daten einer bestimmten Person zugeordnet werden können, bzw. ob der Betroffene durch Referenzdaten ermittelt werden kann (Bestimmbarkeit).

Ebenso liegt eine Verarbeitung vor, die jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren erfolgten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung oder das Löschen oder die Vernichtung umfasst.

Die Legitimierung der Kennzeichenerkennung erfolgt seit Jahren mit dem Argument des berechtigten Interesses. Mit einer geeigneten technischen Lösung kann man sich der Rechtslage stellen. Nachfolgend zeigen wir ein Verfahren, mit dem kein Personenbezug hergestellt werden kann.

Bild1: Typisches Schema für eine herkömmliche Zufahrtskontrolle

Bild1: Typisches Schema für eine herkömmliche Zufahrtskontrolle

 

Bei der üblichen herkömmlichen Lösung zur Frage, ob ein Fahrzeug berechtigt eine Schranke passieren darf, ist ein Personenbezug herstellbar und die Datenschutzgrundverordnung anwendbar.

Wenn die Fahrer der in einer Liste erfassten Kennzeichen im Vorfeld eine Einverständniserklärung für die Kennzeichenerfassung abgeben, wäre die Situation DSGVO-konform. Aber alle anderen nicht berechtigten Fahrzeuge oder Fahrer, die der Verarbeitung nicht zugestimmt haben, werden durch die DSGVO geschützt und dürfen nicht erfasst werden.

Auch eine Pseudonymisierung der erfassten Daten entbindet den Anwender der herkömmlichen Kennzeichenerkennung nicht von der DSGVO.

 

Neues Verfahren zur Zufahrtskontrolle

Wir setzen hierfür moderne mathematische Methoden der homomorphen Verschlüsselung ein und beginnen bereits bei den Bilddaten.

Bild2: Typisches Schema für eine Zufahrtskontrolle mit dem neuen Verfahren

Bild2: Typisches Schema für eine Zufahrtskontrolle mit dem neuen Verfahren

 

Mit dieser insgesamt sehr komplexen und komplizierten Lösung ist sichergestellt, dass der Vorgang anonymisiert abläuft. Nur die Fahrzeuge, deren Fahrer vorher einer Verarbeitung zugestimmt haben und damit auf der Berechtigten Liste stehen, dürfen passieren, die anderen werden komplett anonym abgewiesen. Ein Personenbezug kann nicht hergestellt werden.

Das Verfahren ist aber auch für andere Anwendungsverfahren, bei denen eine Fahrzeugidentifikation notwendig ist, anwendbar, auch wenn hierfür weitere Modifikationen notwendig sind. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Fahrzeug zur Kontrolle vom Personenbezug getrennt wird, und nur anonym als Objekt verarbeitet wird. Ähnliches findet an jeder Gepäckkontrolle am Flughafen statt. Die Passagiere geben ihr Handgepäck ab, so dass dieses zunächst anonym kontrolliert werden kann und nur bei Verstößen wird wieder der Personenbezug hergestellt. Juristisch gesehen handelt es sich bei dem neuen Verfahren um ein milderes Mittel, das allen anderen Verfahren vorzuziehen ist.

*) BGH, NJW 2017, (2416f), Rn.25f. und

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2019/bvg19-008.html